Ein Notebook mit defekter LAN-Buchse war uns vom Netzwerkadministrator einer Schule per Reparaturanmeldung angekündigt worden. Umso überraschter waren wir, als dann gleich vier HP ProBooks 4530s mit dem genau gleichen Defekt bei uns eingetroffen sind.
An allen 4 Laptops war offensichtlich mit einiger mechanischer Intensität versucht worden einen RJ11 Stecker in die RJ 45 Buchse (LAN-Buchse) zu stecken. Das Gehäuse des ansonsten kleineren Steckers hat dann die rechts und links liegenden Kontakte der LAN-Buchse komplett verbogen, sodass später auch bei Verwendung von korrekten LAN-Steckern keine LAN-Verbindung mehr hergestellt werden konnte.
Dass die Aussichtslosigkeit des Vorgehens erst nach dem Beschädigen von 4 Notebooks eingesehen wurde erfüllte unsere Servicecrew doch mit einigem Staunen.
Und es stellte uns vor eine größere Recherche-Aufgabe hinsichtlich der Ersatzteilsuche, denn das Auswechseln einer LAN-Buchse ist aus mehreren Gründen nicht so Trivial wie es zunächst klingen mag.
Komplizierte Bestimmung des richtigen Ersatzteils.
LAN-Buchsen gibt es in zahllosen Bauformen und Ausführungen die sich in vielerlei Hinsicht unterscheiden. So z.B. in der Bestückungsrichung oben/unten, ob in SMD- oder Nicht-SMD-Technologie, mit LED oder ohne LED. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Position der Stabilitätslasche zur mechanischen Fixierung per Lötpunkt oder ob die Buchse in versenkbarer Ausführung oder als auf das Mainboard aufgesetzte Ausführung gefertigt wurde. Auch komplett gehäuselose Bauformen gibt es und…und…und…
Hier kommt es tatsächlich auf jedes Detail an, denn die Buchsen sind oft in die Leiterplatte eingelassen um Bauhöhe zu sparen. Da muss dann alles wirklich auf den zehntel Millimeter passen.
LAN-Buchsen sind als Ersatzteile nirgendwo bestellbar.
Die nächste Problematik besteht darin, dass weder beim Notebook-Hersteller noch an anderer Stelle einzelne LAN-Buchsen als Ersatzteile bezogen werden können.
Die Möglichkeit den Hersteller der Buchse zu ermitteln und zu kontaktieren bestünde natürlich auch, nach unseren Erfahrungen sind von diesen Bauteileproduzenten allerdings keine Einzelstücke oder Kleinserien zu beziehen.
Aus diesen Gründen könnte eine beschädigte LAN-Buchse sogar dazu führen, dass ein neues Mainboard beschafft werden muss. Die Notebook-Hersteller verweisen bei entsprechenden Anfragen sogar Explizit auf diese Vorgehensweise, doch genau das wollen wir natürlich im Sinne unserer Kunden weitgehend vermeiden. Im Falle unserer HP ProBooks wären neue Mainboards darüber hinaus aus offiziellen Quellen gar nicht mehr lieferbar gewesen. Aus verschiedenen anderen Quellen haben wir Preise ab 300 € aufwärts recherchiert. Doch soweit mussten wir hier gar nicht gehen.
Die IPC-Lösung: Altgeräte und Mainboards als Ersatzteile-Fundus zu lagern.
Unsere Servicewerkstatt ist seit Jahren auch permanent damit beschäftigt alle möglichen alten und ausrangierten Mainboards nahezu aller Notebook Hersteller als wichtige Ersatzteilquellen zu katalogisieren und einzulagern. Immer wieder werden durch IPC-Computer sogar Gebrauchtgeräte aus verschiedenen Quellen aufgekauft um als wertvoller Ersatzteilvorrat zu dienen.
Und diese vorausschauende Handlungsweise führte auch im vorliegenden Fall zum Erfolg. Wir konnten auf bei uns eingelagerten defekten Mainboards vier baugleiche LAN-Buchsen identifizieren. Danach wurde jede einzelne Buchse hinsichtlich der Verwendbarkeit genau überprüft, denn nur wenn noch keine Abnutzungserscheinungen festgestellt werden, erhalten diese die Freigabe zur Nutzung als Ersatzteil für eine Notebook-Reparatur. Auch dieser Check ergab grünes Licht. Damit waren die größten Hürden, nämlich die Ersatzteilbestimmung und -beschaffung bereits genommen.
Der Rest ist schnell ausgeführt und noch schneller erzählt. Die als Ersatzteile dienenden Buchsen wurden sauber und schonend per Lötmaschine von ihrem Board entfernt und dann von Hand vorsichtig in die Mainboards der zu reparierenden Laptops eingelötet.
Abschließend durchliefen die vier HP ProBooks alle den obligatorischen finalen Qualitäts- und Funktionscheck und wurden zur Rücksendung an die Schule frei gegeben.
Der einzig noch offene Punkt ist die interessante Frage ob die kuriose identische Beschädigung von gleich vier Notebooks auf das Konto eines Schülers oder eines Lehrers ging. Doch das wird wahrscheinlich immer im Dunkeln bleiben. Wer möchte darf spekulieren…